In einer Welt voller Experten

Gäbe es nur Experten unter uns, also Menschen, die alles wissen, alles können und alles verstehen. Dann gäbe es nur noch Hundehalter, die super entspannt neben ihrem Hund laufen. Neben ihnen ein Hund, der fröhlich vor sich hin schnüffelt und läuft – egal ob gerade eine Katze seinen Weg kreuzt oder ein anderer verführerischer Duft ihn in der Nase kitzelt.
In einer Welt voller Experten müsste kein Hundebesitzer fragend seinen Hund anschauen, wenn er bei seinem Erzfeind mal wieder ausrastet. Nein. Denn in einer Welt voller Experten wäre dieser Hundehalter ja selber ein Experte und wüsste was zu tun ist und würde vor allem seinen Hund immer verstehen.
In einer Welt voller Experten müsste auch niemand mehr jemand um Hilfe bitten, wenn es um die Ernährung oder Erziehung seines Hundes ging. Denn jeder Hundehalter wüsste alles besser.

[bctt tweet=“Lieber eine einzige Ursache verstehen, als König von Persien sein.- Demokrit“]

Haben wir vielleicht schon fast überall Experten?

Aber Moment mal.
Manchmal beschleicht mich dieser Verdacht. Der Verdacht, dass so einige Experten schon unter uns weilen. Und nein nicht nur ein oder zwei. Manchmal – gerade im Internet – erscheint es wirklich so, als wäre jeder – oder zumindest verdammt viele Menschen – ein Experte. Und zwar nicht Experten, die tatsächlich so viel wissen, weil sie sich ausgiebig mit der Materie beschäftigt haben, sich unterschiedliche Sichtweisen angeschaut und / oder angehört haben und wirklich sich aufwendig damit beschäftigt haben.

Nein.

Diese Experten sind Experten, weil sie zum Beispiel schon seit 20 Jahren Hunde haben oder vielleicht schon 5 Hunde hatten oder weil sie schon älter sind und jeder der älter ist, der wird „plop“ zum Experten – so scheint es.

Ich will jetzt niemanden und nichts damit verallgemeinern, aber ich habe schon mit genug anderen Hundehalter gesprochen, die dieses Gefühl auch haben.

Da darf man keine Frage mehr in einer Facebook Gruppe stellen ohne sofort von mindestens zehn Menschen mitgeteilt zu bekommen, dass man ja der letzte Tierquäler ist oder man seinen Hund ganz schnell abgeben sollte, denn man hat ja eh keine Ahnung.

„Astronomen seid ihr und kennet viele Gestirne, aber der Horizont decket manch Sternbild euch zu.“ – Johann Christoph Friedrich von Schiller

Aber was ist denn ein Experte?

Was für mich einen Experten oder auch einen Menschen ausmacht, der auf einem bestimmten Gebiet einfach viel weiß, ist jemand, der sich wirklich damit beschäftigt. Also eben nicht, nur weil er schon 5 Hunde hatte nun denkt er weiß alles. Ein Experte kann auch jemand sein, der erst einen Hund hat oder hatte und sich aber einfach mit dem Thema auseinandersetzt und zwar nicht nur mit einer Seite. Einen Experten macht auch sein Job nicht zu einem Experten, denn ganz ehrlich – nur weil man einen gewissen Job ausübt, heißt das nicht automatisch, dass man super viel Ahnung hat. Zu einem Experten gehört es, meiner Meinung nach auch, dass er sich mehrere Seiten anschaut und aus jeder Seite, dass für ihn richtige Wissen zieht.

Und ich meine wirklich das FÜR IHN richtige. Nicht das, was andere sagen was richtig ist. Jeder sollte sich seine eigene Meinung bilden und seinen eigenen Weg finden. Gerade im Bezug auf das Thema Hunde. Hunde sind individuell und funktionieren nicht nach einem Schema F Plan. Also sollte es auch keine Schema F Hundelehre geben.

Denn sind wir mal ganz ehrlich. Gerade beim Thema Hund scheiden sich die Geister. Sei es zu den Themen Erziehung, Fütterung oder was auch immer. Es gibt so viel mehr neben schwarz und weiß und auch mehr als grau.

Ein Experte ist für mich also jemand, der nicht an der Zahl der Hund gemessen wird, die schon bei ihm gelebt haben oder an seinem Alter oder an seinem Auto oder an seinem was-weiß-ich. Für mich ist ein Experte jemand, der sich wirklich mit dem Thema auseinandersetzt, auch mit Menschen redet, die vielleicht ganz anderer Meinung sind als er selbst und so seinen Horizont erweitert.

Und auch ein Experte muss nicht allwissend sein. Das was einen Experten auch auszeichnet ist, dass er weiß wo er Hilfe herbekommt. Also andere Menschen mit großem Wissen kennt, die eben sich in anderen Themengebieten auskennen.

Muss jeder ein Experte sein?

Nein.

Ganz klar nein.

Was ich allerdings wichtig finde ist, dass man sich mit der Thematik Hund durchaus auseinandersetzen möchte. Also etwas über seinen (neuen) Partner erfahren möchte und ihn auch verstehen möchte. Denn blindes nebeneinander herleben, wenn keiner den anderen versteht und auch nicht verstehen möchte, ist nun wirklich kein Ziel, dass es zu erreichen gilt.

Ebenso ist es wichtig, dass man eben weiß woher man Hilfe bekommt oder an wen man sich wenden kann und damit meine ich ausdrücklich NICHT die nächstbeste Facebookgruppe, sondern reale Menschen. Menschen, die sich dich und deinen Hund anschauen können und dir wirklich zur Seite stehen können.

Also, denk immer daran, man muss kein Experte sein und auch nicht jeder, der sich als solcher ausgibt ist einer. Leider ist das immer ziemlich schwer zu durchschauen, wer tatsächlich hilfreich ist und wer nur irgendeiner Ideologie hinterher plappert. Aber auch das gilt es eben zu erkennen und das ist ja dann auch schon mal Wissen und Können.

Vielleicht sind wir also doch, jeder auf seine eigene Art und Weise, Experten ;-)

[bctt tweet=“Vielleicht sind wir also doch, jeder auf seine eigene Art und Weise, Experten ;-)“]

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About Anna

Ich bin ein kreativer Chaot, liebe das Schreiben, aber noch mehr die gemeinsame Zeit mit meinen Hunden. Da meine beiden Hunden alles andere als leicht sind - jeder auf seine ganz persönliche Art - wollte ich mit Canistecture einen Ort schaffen an dem ich alle Seiten des Hundehalterlebens zeige. Die Schönen, genauso wie die weniger schönen. Genau diesen Ort habe ich mit Canistecture geschaffen.

5 comments / Add your comment below

  1. Dieser Artikel gefällt mir sehr gut! Bisher habe ich – leider aus praktischen Gründen – keinen Hund, beschäftige mich aber intensiv mit dem Thema und sehe mich als Tierärztin zumindest ein bisschen als „Gesundheits-Expertin“. Wenn ich aber in den ganzen Blogs diese vielen, so vehement hervorgebrachten Meinungen lese, gibt es mir schon manchmal das Gefühl, es gar nicht richtig machen zu können. Schon bei der Wahl des Futternapfs kann man sich ja als Total-Versager entpuppen…..

  2. Ein toller Artikel! In der heutigen Zeit ist es leider einfach immer wieder Thema, denn eigentlich kann man den „selbsternannten Experten“ gar nicht mehr aus dem Weg gehen. Man trifft sie beim Spazierang, beim Einkaufen für den Hund, in Foren, bei Facebook, auf Seminaren/Webinaren, in der Hundeschule und und und. Aber eigentlich ist es nur ein Standpunkt, der oftmals nicht über den Tellerrand hinaus betrachtet wird. Wir sind so, wie wir sind und schreiben so, lernen so und leben so. Und eigentlich sind wir mal ganz ehrlich: Was interessiert mich schon die Erziehung anderer Hundehalter, wenn sie nicht direkt beim Spaziergang in uns rein laufen ;) ? …
    Liebe Grüße von Frauwau Zoi und Frauchen Vanessa

  3. Der Artikel gefällt mir auch sehr gut!
    Da ich mit Stimpy ja einen, na ja sagen wir mal, nicht so leicht zu handhabenen Hund habe, tummeln sich um mich herum auch einige Experten! Was ich mir nicht schon alles anhören durfte! Bei der brauchste n Stromhalsband! Die gehört mal richtig erzogen! Die braucht eine harte Hand usw usf! Furchtbar! Und am besten noch aus dem Mund eines Nicht- und noch nie-Hundehalters!!!!!!!!
    Aber zum Glück habe ich eine „Expertin“ an der Hand! Mit ihrem Trainigsstil fühlen wir uns wohl!
    Zudem kann ich mich auch recht gut auf mein Bauchgefühl verlassen! Denn meine kleine Stimpymaus raegiert bei Zwang genauso wie ich! Sie macht dicht! Und zwar richtig! Aber das ist ein anderes Thema ;)

    Einen Experten macht für mich zudem noch aus dass er oder sie die Meinung, Sichtweise und Standpunkt gut, ruhig und verständlich erklären und in einer Diskussion sachlich bleiben kann!

    Viele liebe Grüße
    Steffi mit Ren & Stimpy

  4. Schöner Artikel! Dennoch gibt es im Wunderland der Kynologie eben viel zu viele selbsternannte ‚Experten‘ und nichts (aber auch wirklich gar nichts) kann Lebenserfahrung ersetzen! Vorausgesetzt natürlich, man hat sich aktiv mit seinem Leben und Erlebten auseinandergesetzt – was allerdings sehr oft ein frommer Wunsch bleiben mag. Und dann sind mir die ‚angelesenen‘ Expertis dann noch um Längen lieber als die ewig Unbelehrbaren. :-)

    Herzlichst, Severine

  5. Experten gibt es halt überall bzw. macht es darunter heute ja niemand mehr. Profi, Experte, bei Youtube nennen sie sich Gurus und führen die Dummen an, die ihnen hinterherlaufen, ohne selbst über das Gesagte nachzudenken. Ich sehe alles und jedes Thema erst einmal mit einer gesunden Skepsis und gerade bei Heilkunde sprechen ja oft die Lobbys und Farmakonzerne. Bei Tieraräzten ist es ganz schlimm, wenn man sieht mit welchen Futterzusätzen die so ihr Geld machen.

    Aber ich rege mich hier schon wieder viel zu sehr auf :) Aber du hast absolut Recht… man muss kein Experte sein und man muss sich auch nicht immer zu einem benennen. Vielleicht sollten wir alle mal wieder ehrlich und offen sein und dazu stehen, dass wir eine Meinung haben, kein Expertenwissen. Dabei sollten wir auch gleich daran denken, dass Experten in zwei Jahren, nachdem die Wissenschaft wieder alles als anders hingestellt hat, ihre Meinung einfach mal ändern, also letztendlich auch nur nach aktueller Forschung etc. gehen, anstatt selbst Gedanken frei zu lassen.

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